Hamburger Musikleben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war Hamburg eine schnell wachsende Stadt, deren Einwohnerzahl von 300.000 im Jahr 1872 auf 500.000 1890 anwuchs.

Auch das Musikleben in Hamburg nahm nach 1850 an programmatischer Qualität zu, so wurden zunehmend Werke von Johann Sebastian Bach und Robert Schumann aufgeführt, Johannes Brahms genoss in seiner Vaterstadt große Anerkennung, Richard Wagner begeisterte. Zahlreiche musikalische Vereinigungen wurden gegründet.

Eine wichtige Rolle im Musikleben der Stadt kam dem bereits 1827 eröffneten Hamburger Stadttheater in der Dammtorstraße zu, das von Anfang an als Privatunternehmen ohne staatliche Unterstützung geführt wurde. 1874 wurde Bernhard Pollini Direktor des Theaters. Damals waren Stadttheater und Oper noch im selben Haus unter einheitlicher Leitung. Das Haus bot 1700 Plätze. Pollini beschäftigte nur allererste Solisten und holte erstklassige Gäste nach Hamburg. Dafür waren die Orchestermusiker und Chorsänger sehr schlecht bezahlt.

1891 verpflichtete Pollini Gustav Mahler als Dirigenten an das Stadttheater. Dieser fand ein völlig unterbezahltes Orchester vor, mit dem ihm dennoch glanzvolle Inszenierungen gelangen. Das Verhältnis zwischen Mahler und Pollini war wohl sehr schnell von Meinungsverschiedenheiten und Konflikten geprägt, so dass Mahler nach Alternativen vorzugsweise in Wien suchte.

Zu den namhaften Musikerkollegen Mahlers in Hamburg zählte Hans von Bülow, der von 1886 bis 1894 die „Neuen Abonnementskonzerte“ in Hamburg dirigierte. Er schätzte Mahler als Dirigenten sehr, fand zu seinen Werken aber keinen Zugang. Der Wettstreit zwischen beiden fand am Dirigentenpult statt.

Mit Carl Wilhelm Zinne verband Mahler neben der Verehrung für Bruckners Musik das in Mode gekommene Radfahren. Er wurde mit seinem Velociped bald zu einem wahren „Strassendurchmesser“. In Josef Bohuslav Foerster schätzte er den Komponistenkollegen, Hermann Behn setzte sich enthusiastisch für Mahler Musik ein (u.a. finanzierte er Drucklegung und Uraufführung der 2. Symphonie). Bruno Walter (Schlesinger), Kapellmeister am Stadttheater, sollte zu einem der engsten Freunde Mahlers werden. Nach dem frühen Tod Mahlers nahm sich Walter, später einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts, wie auch Mahlers holländischer Freund und Dirigent Willem Mengelberg intensiv seiner Werke an.